Goethe: An Schwager Kronos (für einen Gedichtvergleich)

An Schwager Kronos 1789

Spude dich, Kronos! Fort den rasselnden Trott! Bergab gleitet der Weg; Ekles Schwindeln zögert mir vor die Stirne dein Zaudern. Frisch, holpert es gleich, Über Stock und Steine den Trott Rasch ins Leben hinein!

Nun schon wieder Den eratmenden Schritt Mühsam Berg hinauf! Auf denn! Nicht träge denn! Strebend und hoffend hinan!

Weit, hoch, herrlich der Blick Rings ins Leben hinein! Vom Gebirg zum Gebirg Schwebet der ewige Geist, Ewigen Lebens ahndevoll.

Seitwärts des Überdachs Schatten Zieht dich an Und ein Frischung verheißender Blick an der Schwelle des Mädchens da. Labe dich! - Mir auch, Mädchen, Diesen schäumenden Trank, Diesen frischen Gesundheitsblick!

Ab denn, rascher hinab! Sieh, die Sonne sinkt! Eh sie sinkt, eh mich Greisen Ergreift im Moore Nebelduft, Entzahnte Kiefer schnattern Und das schlotternde Gebein:

Trunknen vom letzten Strahl Reiß mich, ein Feuermeer mir im schäumenden Aug, Mich Geblendeten, Taumelnden In der Hölle nächtliches Tor!

Töne, Schwager, ins Horn, Raßle den schallenden Trab, Daß der Orkus vernehme: wir kommen! Daß gleich an der Türe Der Wirt uns freundlich empfange!

An Schwager Kronos 1771 Spude dich, Kronos! Fort den rasselnden Trott! Bergab gleitet der Weg; Ekles Schwindeln zögert Mir vor die Stirne dein Haudern. Frisch, den holpernden Stock, Wurzeln, Steine den Trott Rasch ins Leben hinein!

Nun schon wieder? Den eratmenden Schritt Mühsam Berg hinauf! Auf denn! nicht träge denn! Strebend und hoffend an.

Weit hoch herrlich der Blick Rings ins Leben hinein, Vom Gebürg zum Gebürg Über der ewige Geist, Ewigen Lebens ahndevoll.

Seitwärts des Überdachs Schatten Zieht dich an Und der Frischung verheißende Blick Auf der Schwelle des Mädgens da. Labe dich! – Mir auch, Mädgen Diesen schäumenden Trunk, Und den freundlichen Gesundheits Blick!

Ab dann frischer hinab! Sieh die Sonne sinkt! Eh sie sinkt, eh mich faßt Greisen im Moore Nebelduft, Entzahnte Kiefer schnattern Und das schlockernde Gebein.

Trunknen vom letzten Strahl Reiß mich, ein Feuermeer Mir im schäumenden Aug, Mich Geblendeten, Taumelnden In der Hölle nächtliches Tor.

Töne, Schwager, ins Horn, Raßle den schallenden Trab, Daß der Orkus vernehme: ein Fürst kommt. Drunten von ihren Sitzen Sich die Gewaltigen lüften.

Quelle: gutenberg2000.de, "Goethe Werke", Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998 (lausig abgetippt, keine Garantie)

# | 4.3.2003, 18:31 | mglw. hilfreich

Goethe: Willkomm und Abschied / Es schlug mein Herz (für einen Gedichtvergleich)

Willkomm und Abschied 1789

Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! Es war getan fast eh gedacht; Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht: Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhügel Sah kläglich aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsausten schauerlich mein Ohr; Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, Doch frisch und fröhlich war mein Mut: In meinen Adern welches Feuer! In meinem Herzen welche Glut!

Dich sah ich, und die milde Freude Floss von dem süßen Blick auf mich; Ganz war mein Herz an deiner Seite Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Umgab das liebliche Gesicht, Und Zärtlichkeit für mich ihr Götter! Ich hofft' es, ich verdient' es nicht!

Doch ach, schon mit der Morgensonne Verengt der Abschied mir das Herz: In deinen Küssen welche Wonne! In deinen Augen welcher Schmerz! Ich ging, du standst und sahst zur Erden, Und sahst mir nach mit nassem Blick: Und doch, welch Glück, geliebt zu werden! Und lieben, Götter, welch ein Glück!

Ohne Titel 1771

Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde! Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht. Schon stund im Nebelkleid die Eiche Wie ein getürmter Riese da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhügel Sah schläfrig aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsausten schauerlich mein Ohr. Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, Doch tausendfacher war mein Mut, Mein Geist war ein verzehrend Feuer, Mein ganzes Herz zerfloss in Glut.

Ich sah dich, und die milde Freude Floss aus dem süßen Blick auf mich. Ganz war mein Herz auf deiner Seite, Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Lag auf dem lieblichen Gesicht Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter, Ich hofft' es, ich verdient' es nicht.

Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe! Aus deinen Blicken sprach dein Herz. In deinen Küssen welche Liebe, O welche Wonne, welcher Schmerz! Du gingst, ich stund und sah zur Erden Und sah dir nach mit nassem Blick. Und doch, welch Glück, geliebt zu werden, Und lieben, Götter, welch ein Glück!

Quelle: gutenberg2000.de, "Goethe Werke", Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998 (lausig abgetippt, keine Garantie)

# | 4.3.2003, 18:28 | mglw. hilfreich

Goethe: Die Nacht / Die schöne Nacht (für einen Gedichtvergleich)

Die schöne Nacht später

Nun verlaß ich diese Hütte, Meiner Liebsten Aufenthalt, Wandle mit verhülltem Schritte Durch den öden, finstern Wald. Luna bricht durch Busch und Eichen, Zephir meldet ihren Lauf, Und die Birken streun mit Neigen Ihr den süßen Weihrauch auf.

Wie ergötz ich mich im Kühlen Dieser schönen Sommernacht! O wie still ist hier zu fühlen, Was die Seele glücklich macht! Läßt sich kaum die Wonne fassen! Und doch wollt ich, Himmel, dir Tausend solcher Nächte lassen, Gäb mein Mädchen Eine mir.

Die Nacht früher

Nun verlaß ich diese Hütte, Meiner Liebsten Aufenthalt, Wandle mit verhülltem Tritte Durch den ausgestorbnen Wald. Luna bricht die Nacht der Eichen, Zephirs melden ihren Lauf, Und die Birken streun mit Neigen Ihr den süßten Weihrauch auf.

Schauer, der das Herze fühlen, Der die Seele schmelzen macht, Flüstert durchs Gebüsch im Kühlen. Welche schöne, süße Nacht! Freude! Wollust! Kaum zu fassen! Und doch wollt’ ich, Himmel, dir Tausend solcher Nächte lassen, Gäb’ mein Mädgen Eine mir.

Quelle: gutenberg2000.de, "Goethe Werke", Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998 (lausig abgetippt, keine Garantie)

# | 4.3.2003, 18:22 | mglw. hilfreich

abitur deutsch goethe (mglw. hilfreich)

Vergleich einer ursprünglichen Fassung mit einer überarbeiteten Version. Kann hilfreich sein im Hinblick auf anstehende Abiturprüfungen.

J. W. Goethe:

Die älteren Fassungen zeigen deutlich den, wie könnte es anders sein, den jüngeren Goethe (Stichworte: Erlebnislyrik, Sturm und Drang, Parataxe, Herz, Frühling, Naturerlebnis, Pantheismus). Bei meinen Vorbereitungen habe ich genau diese Liste im Netz nicht gefunden.

# | 4.3.2003, 18:14 | mglw. hilfreich