we are the youth
457 Seiten ist sie dick. Die Jugend 2002. Auf dem Buchrücken wird selbstbewusst die Zeitschrift Unicum zitiert: 'Wer wissen will, wie es wirklich um die Jugend steht, sollte sich die Shell-Jugendstudie zu Gemüte führen.' Moment, ist die Veröffentlichung nicht schon eine halbe Ewigkeit (in Netz-Zeit somit 1,5 Ewigkeiten) her? Ja. Aber die 457 Seiten wollen erstmal gelesen werden. 'Die Mentalität der Jugend', steht dort, 'hat sich insgesamt von einer eher gesellschaftskritischen Gruppe in Richtung der gesellschaftlichen Mitte (Mainstream) verschoben. (...) Die auch heute noch häufig geforderte neue Jugendbewegung wirkt (...) anachronistisch. Die Idee von einem selbst bestimmten Leben jenseits von gesellschaftlichen Zwängen, die mit dem Begriff der neuen Jugendbewegung verbunden wurde, passt offenbar immer weniger mit der Lebensrealität und den tatsächlichen Vorstellungen der heutigen Jugend zusammen.' Es hat sich ausrebelliert. Wenn die Eltern früher selber marihuanarauchend auf jeder Demo anzutreffen waren und ihre Blumenkinder eher unkonventionell erzogen, besteht die Rebellion konsequent in Verweigerung selbiger. Ich bin Opportunist, Madame. Die Studie attestiert uns dann auch eine gewisse Affinität zum allgemein vorherrschenden Leistungsdruck in der Gesellschaft. Deren Werte annehmend streben wir, ganz pragmatisch und auf den eigenen Vorteil bedacht, nach Macht und Erfolg. Schließlich dämmert am Horizont für alle anderen die Arbeitslosigkeit. Ein Zitat aus einer anderen Quelle möchte ich an diesere Stelle dann doch noch einbringen: Mädchen wissen bereits frühzeitig, dass sie mehr leisten müssen als ihre männlichen Altersgenossen. Sie werden zu 'sprachbegabten, wendigen, weiblichen Multitaskerinnen, die ihre Zukunft fest im Griff haben, willensstark und ultra-fresh sind. Auf der anderen Seite lümmelt ein Haufen verpickelter Testosteronbomber, die im wesentlichen das Schulmobiliar zerkloppen und auch sonst nix in der Birne haben', analysiert die taz die Ergebnisse der Studie.