Sonntag, 19. Oktober 2003

herr lehmann

Eins. Der freundlich aussehende McDonalds-Angestellte, der immer im Hamburger Hauptbahnhof seinen Dienst schiebt, wenn man zu jeder beliebigen Tages- und Nachtzeit auf der Durchreise ist. Diese eine Person, die schon immer da ist und immer da sein wird. Der Bahnhof an sich verändert sich, andere Werbung, neuer Fußbodenbelag, er ist immer da. Es gibt ihn wirklich. Seine Augen sind etwas eingefallen, das Haar immer fettig, vielleicht wäscht er es täglich, die Arbeitsumgebung, versteht sich. Das geht jetzt seit mehr als vier Jahren so. Andere Mitarbeiter verschwinden nach ein paar Wochen, höchstens Monaten, wieder. Der Stress, die ekligen Kunden, der niedrige Lohn, der Griff in die Kasse. Wenn es jetzt nicht vollkommen abgefuckt wäre, könnte hier schließlich stehen: Der Zug für ihn. Ist. Abgefahren.

Old man look at my life, Twenty four and there's so much more Live alone in a paradise That makes me think of two.

Love lost, such a cost, Give me things that don't get lost. Like a coin that won't get tossed Rolling home to you.

Zwei. Im Kino gewesen. Bremen - Hamburg - Hasselbrook - Horner Kreisel - Berlin-Buch - Potsdamer Platz und wieder zurück. Herrn Lehmann gesehen. Sofort an den McDonalds-Mitarbeiter denken müssen. Ein wenig getrauert, dass ein derart unbeschwertes Leben vorbei ist. Vorbei sein wird, abgeschafft, Hartz, Rürup, Schröder, Stoiber, Wirtschaft, Leistung, Leistung, Arbeit, zumutbare Arbeit, Aldi, Penny, Comet, Extra, Lidl. Unbeschwertheit gewünscht. Weniger Ansprüche, mehr Freiheit, mehr Bier.

# | 19.10.2003, 14:45 | nervous