bayreuth
Diese Werbung, in denen Menschen daran scheitern, mit Worten etwas zu beschreiben. Dieses Unvermögen. Das fehlendes Vokabular. Die mangelhafte Ausdrucksweise.
Ist aber alles nicht so schlimm, hey, wenn uns das Fernsehen schon kaputt macht und nur noch rudimentäre Sprachfetzen den Hohlraum hinter der Stirn verlassen: Sagen wir's doch einfach per MMS. Kommunikation nur noch per Bildchen. Nach der Reduktion auf 160 Zeichen, was durchaus einen gewissen Abstraktionsgrad vorraussetzte (Abkürzungen, Emocoins & solch Schmonz), jetzt die: Totale. Geistige. Verarmung.
(Endlich mal wieder.)
Übrig bleiben Grunzlaute: Ja ja, hmmmm, süüüß, ohhhh, ahhh, kicher, hihi.
der schönste letzte satz
Der Titel ist Programm, die Suche hat ein Ende. Leider ist dieser Satz nur der Schluss einer Kolumne aus dem Neon-Magazin. Andererseits auch wieder gut, dann kann man sich den aufheben für das eigene, ambitionierte Buchprojekt.
he would always win the fight
Denke dann doch, von Zeit zu Zeit, jetzt im Herbst, gerade wenn es so richtig gemütlich ist in der Küche, mitunter: Ich befinde mich in einer Krise. Ist auch gar nicht mal so falsch, nur: Alles befindet sich in einer Krise. Diese Krise unterscheidet sich ganz erheblich vom alltäglichen Wahnsinn. Der alltägliche Wahnsinn aber besteht nur aus der Fiktion im Fernsehen und den ausfasernden Erinnerungen von Leuten, die so alt sind, dass sie dabei waren, als alles noch gut war. Oder zumindest so tun, als ob, um noch irgendwie interessant zu sein. Ich war nicht dabei, als 'früher alles besser war'. Ich war lange Zeit der Ansicht, früher wäre gar nix besser gewesen.
Hier folgt ein Link auf's Sofa. Wichtig ist der lange Kommentar von Herrn Praschl. Ich darf solche Sachen nicht schreiben, ich befinde mich in eben jener Kategorie 'junge Menschen'. Wenn ich so etwas schreiben würde, das Selbstmitleid wäre nicht auszuhalten. Und außerdem lebe ich hier & jetzt, nicht früher, kann also nicht sagen, dass früher alles besser war. Glaubt mir dann doch wieder kein Schwein, sowas.
Um nicht zu sagen: Ich brauche kein Selbstmitleid, Mitleid, das hol' ich mir woanders.
die taxifahrer
Es ist zwei und ich kann nicht schlafen.
In der Bahn aus Hamburg lauter Angestellte, die mal in der großen Stadt was losmachen waren, sie trinken Fusel, sie sind laut, ordinär, ich fliehe vor ihnen in ein anderes Abteil. Es stinkt nach Rauch. Aus dem Fenster sehen ist nicht, zu hell innen, viel zu dunkel draußen, eigentlich gibt es da auch nix. Ich lese ein Buch, in dem zwei Kerle Bahn fahren und sich ihr Leben erzählen (der eine ist auch noch ein Rabe), ich sitze alleine in diesem Zug und finde es großartig. Um halb zwölf endlich in Bremen. Die Straßenbahnen fahren nicht mehr, die Nachtlinien erst in 22 Minuten. Ich gehe die Strecke nach Hause.
Mir müsste kalt sein, mir ist nicht kalt. Ich laufe quer durch Bremen, kein Witz, Bahnhof, Wallanlagen, Innenstadt, Weserbrücke, Neustadt, so groß ist es alles nicht, irgendwann überholt mich die Bahn, mir ist nicht kalt, und das ist merkwürdig, ich habe kaum was an, der Schaal ist irgendwo im Rucksack. Mir begegnen nicht wirklich Menschen, alles ist leer, alles ist still, die Straßenbeleuchtung taucht alles in ein gelbliches Licht. Vor dem Krankenhaus dösen drei Taxifahrer in ihren laufenden Wagen und gucken mich böse an, Bursche, warum hast du kein Taxi genommen, wer geht bei der Kälte denn zu Fuß, komm du mal zu dicht an unsere Wagen ran, wir zimmern dir unsere Wagentüren voll vors Schienenbein, wirst schon sehen, was du davon hast, mindestens eine Grippe.
Ich gehe die Treppen hoch. Ohne Licht, dafür erstaunlich sicher. In die Küche, Tee kochen. Musik angemacht. Tee getrunken. Stündlich kommt eine Bahn vorbei. Und immer noch das gelbliche Licht.
Irgendwann wird es wieder hell. Die Taxifahrer sind immer noch da. Sie warten auf mich. Und dich.
herr lehmann
Eins. Der freundlich aussehende McDonalds-Angestellte, der immer im Hamburger Hauptbahnhof seinen Dienst schiebt, wenn man zu jeder beliebigen Tages- und Nachtzeit auf der Durchreise ist. Diese eine Person, die schon immer da ist und immer da sein wird. Der Bahnhof an sich verändert sich, andere Werbung, neuer Fußbodenbelag, er ist immer da. Es gibt ihn wirklich. Seine Augen sind etwas eingefallen, das Haar immer fettig, vielleicht wäscht er es täglich, die Arbeitsumgebung, versteht sich. Das geht jetzt seit mehr als vier Jahren so. Andere Mitarbeiter verschwinden nach ein paar Wochen, höchstens Monaten, wieder. Der Stress, die ekligen Kunden, der niedrige Lohn, der Griff in die Kasse. Wenn es jetzt nicht vollkommen abgefuckt wäre, könnte hier schließlich stehen: Der Zug für ihn. Ist. Abgefahren.
Love lost, such a cost, Give me things that don't get lost. Like a coin that won't get tossed Rolling home to you.