Dienstag, 26. November 2002

das sieht toll aus

James Nachtwey ist Kriegsphotograph. Warum aus ihm kein zynischer Draufgänger sondern ein aufgeräumter Idealist geworden ist, war gestern auf arte in einer 100-minütigen Dokumentation zu sehen (Filmtipp vom Kutter). Lange Zeit sind die einzigen Schüsse die seiner Kameras. Wie in einem Ego-Shooter blicken wir über die Kamera, sehen Nachtweys Finger am Auslöser, hören das harte Klicken und seine Atemgeräusche. Es geht in den Kosovo, nach Ramallah, Jakarta und Ostjava.

Ich weiß, dass Fotos Verantwortliche zum Handeln zwingen können. Ohne die Bilder von Bürgerkrieg und Hunger in Somalia wäre niemand dort eingeschritten. Ohne die Fotos aus Bosnien wäre der Krieg vielleicht noch immer nicht beendet.

Er selbst wurde mehrfach angechossen, ein Kollege wurde direkt neben ihm erschossen. Im Film tritt trotzdem ein ruhiger Mensch auf, der sich aller Risiken bewusst ist - und doch nicht mehr anders kann. Er braucht den Krieg. Zusammen mit Christiane Amanpour (CNN) besucht er ein Massengrab im Kosovo. Im krassen Gegensatz zum Helden, der in ständiger Angst lebt, vom Leid der porträtierten Menschen zu profitieren, wird die Redaktion des Stern in Hamburg gezeigt. Dort hängen seine Bilder an der Wand und die Auslandsredaktion sucht möglichst reißerische Bilder. Dieses hier, wo der so einsam durch die Trümmer... ganz stark. Und hier, der alte Krüppel - phantastisch. Christian Frei hat einen bewegenden, ernsten Film gedreht, ganz ohne ironische Untertöne wie in 'Bollywood im Alpenrausch', und beweist damit das breite Spektrum seines Könnens (die anderen Filme konnte ich leider noch nicht sehen).

# | 26.11.2002, 08:22 | review