Freitag, 26. September 2003

liten meny

Warten auf dem Flughafen, Beobachtungen. Der Typ ist ein Teddy. Kein Bär von Bär von Mann, eher das Gegenteil, was immer auch das sein mag - Teddy. Er sieht aus wie ein schlaffer Sack. Er ist nicht fett. Er ist immerhin dick. Stoppeln hat er im Gesicht, die Schuhe betont sportlich. Modell Modemarkt oder Deichmann. Die Brille schwarz und unauffällig. Die Jacke aus Leder, glatt. Die Hose eine Bluejeans, stonewashed, sie sitzt nicht. Aber er, und das mir gegenüber. Sie trägt einen weinroten Niki-Samtpullover mit neckischen Kordeln und Kapuze. Die Haare akkurat zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Die Hose natürlich auch Jeans. Sie streichelt mit der Handfläche sein Knie.

Ein junger Typ mit Rucksack einer (seiner?) Universität dreht die Winzlautsprecher seines sicherlich teuren Laptops auf und beschallt die Wartehalle kurzzeitig mit Portishead. Mit einem verschmitzten Grinsen schaltet er das blecherne Quäken ab.

Das ist gut, denn es läuft auch Musik aus 'richtigen' Lautsprechern. Der Snack-Ladenbesitzer hat eine kleine, feine Anlage aufgestellt und enttäuscht nicht beid er Musikwahl:

Urge Overkill - Girl, you'll be a woman soon Oasis - You gotta roll with it... Down by the water Weezer Foo Fighters Bad Religion
Und zwar, man wird angeguckt, schaut schnell weg. Wähnt sich unter ständiger Beobachtung und zaubert dann Verhaltensweisen hervor, die einen möglichst souverän, independent und desinteressiert erscheinen lassen - bar jeglicher Realität. Eben geschehen. Zum Stift gegriffen, gelacht, sogar etwas zu laut, also hörbar - aber nur ein kehliger Laut, was wiederum schlimmer ist als nicht oder richtig zu lachen - und Wörter gemalt. Belustigt gewesen über die eigene Unsicherheit. So gut sieht sie schließlich nicht aus.

Die Haare dunkelbraun, kurz und etwas zerzaust. Ein hellroter Ledermantel, ein dunkelbrauner, nicht zu dicker Wollpullover, eine dunkelblaue Jeans mit leichtem Schlag, die Haut eher hell. Schwarz-weiß-blaue-graue Ringelsocken in braunen Wildlederschuhen. Die Beine übereinandergeschlagen, ein norwegisches Buch unbekannten Titels und eine Handtasche, Din A 4, rosa Lack, auf dem Schoß. Keine Ohrringer, überhaut kein Schmuck. Dünn, aber nicht mager. 22 Jahre, vielleicht mehr. Sie trinkt Coca-Cola, selbstredend 'light', aus einer 1,5 l Plastikflasche. Jetzt faltet sie das linke Bein unter das rechte auf den Sitz.

Das junge Glück wieder: Sie war unterwegs und hat ihm im Souvenirshop einen Plüsch-Elch-Schlüsselanhänger gekauft. Er freut sich scheinbar und grinst wie ein Honigkuchenpferd. Innendrin sieht es wahrscheinlich nicht viel besser, also genauso, aus. Als sie meinen Omnibusblick bemerken, lachen sie mich freundlich an.

# | 26.9.2003, 20:00 | features