Viele Grüße an Matze
Vorhin im Sparmarkt von Björn Harste hier in der Bremer Neustadt eingekauft – der Biomitgliederladen macht am Sonnabend schon um 13 Uhr zu, leckeres Brot ist dann eh aus, und wenn man dann länger schläft (respektive im Flow ist und schön stundenlang rumarbeitet) bleibt nur der Weg zu einem „echten“ Supermarkt. Und klar, dass mit diesem Zusatz Extra, Plus und Aldi nicht gemeint sein können, Discounter heißen Discounter heißen nicht Supermarkt.
Gleich die neuen Öffnungszeiten bis 20 Uhr ausgenutzt, wie so einige andere auch, natürlich nach acht an der Kasse gewesen. Der Chef persönlich tigerte durch den Laden, sofort weggeduckt und nicht mit offenen Augen angestarrt, was soll man auch sagen, hey ich kenn dich aus dem Internet ist ungefähr so unheimlich wie kreischende Kelly-Fans (falls die noch wer kennt, und nein, ich nicht, da sind ganz andere musikalische Leichen im Keller). Eine einigermaßen normale Begegnung hingegen (also lässige bis uninteressierte Nichtbeachtung) unmöglich, zuviel meint man zu wissen, es hat sich längst eine gewisse Vertrautheit mit der Kunstfigur eingestellt, die das wirklich wahre Leben nur enttäuschen kann, gleichzeitig der Reflex, wenigsten hallo sagen zu müssen.
Marktgesetze
Nach einer Preiserhöhung seitens der Kioskbetreiber, Haake Beck kost' nun einen Euro, hat die (ehemalige?) Stammklientel sich heute einen eigenen Kasten Pilsener mitgebracht. Es ist die psychologische Preiserhöhung, zwischen den paar Cent und einem ganzen Euro klafft ein himmelweiter Unterschied, und an anderen Schenken der Stadt gibt es dafür einen halben Liter, Becks, nicht Haake Beck, wohlgemerkt.
(1) Die Mitbewohnerin, sie studiert die Kulturen, erzählt von der Demut. Im Prinzip erfunden, damit die wilden Gesellen des Nordens der Kirche Respekt zollen, obwohl bei Ihnen mehr so was mit Mut, Heldentum und Tapferkeit angesagt war – der Klang des Wortes sollte die Buckelei vor der Kirche erträglicher machen, Demut, da schwingt Ehre mit, da konnotiert wahre Größe. Okay, also kommt der folgende Absatz ohne das D-Wort aus:
(2) Es sieht noch einmal anders aus als gestern, da war es kalt, heute ist es kälter. Minus zwölf Grad sind es da draußen, der mikrobielle Stoffwechsel macht da nicht mehr weiter, ein bisschen chemische Verwesung, das ist alles. Im Laufe des Tages dann irgendwann um den Gefrierpunkt, ja Wahnsinn, Wetter als Thema. Du, ist es bei Euch eigentlich auch so kalt? – Nee, hier frierts nur. – Ah ja. Ja. – Ja gut, ne, und das soll ja so weitergehen, nech? Der Bildschirm-Arbeiter in mir fragt sich unterdessen, wer denn draußen die Farbsättigung so dermaßen runtergedreht hat. Guter Effekt, so mit den einsetzenden Sonnenstrahlen, die ein wenig kalte Farbe ins Graue werfen. Denke ich das wirklich? Nein. Natürlich nicht. Ich sehe nach draußen, und es saufen mir die Augen ab, schön ist es, sonst nichts, da braucht es keine Worte, bin ja schließlich auch kein Literat. Dankbare Zeit zum Arbeiten, so ein kalter, klarer Sonntag.
(3) Die Kleidercontainer sind so voll, die Häuser- und Kleiderbesitzer haben ein Mitgefühl den Menschen der Straße gegenüber, hier, nehmt noch diesen alten Pullover, es ist ja kalt draußen.
(4) Jogger auf dem vereisten Weg im Naherholungsgebiet. Wenn der jetzt ausrutscht und sich den Knöchel bricht, wie viel Zeit bleibt ihm dann, um irgendwohin zu krabbeln? Friert er irgendwann fest? Nein, natürlich nicht. Gute Kondition, Multifunktionskleidung, kein Alkohol im Blut. – Ja gut, ich mach mir halt Sorgen. – Lächerlich!
Kino: Lücke im System
Plot: Zwei schwer engagierte Hacker machen passend zum just statt findenden World Leader Summit Unsinn bei einer Firma, die weltweit Geldtransaktionen durchführt und bekommen Ärger. Oder so.
Schwieriger Film, was aber vielleicht an der schlechten deutschen Fassung lag, in der komisch gesprochen wurde. Der Film basiert auf wahren Begebenheiten, was man sich ungefähr so vorstellen darf: Im Prinzip ist das alles möglich und es finden sich keine Hinweise, dass so etwas nicht hätte passieren können. Nachdem der geniale Einbruch in das Computersystem der Finanzspekulanten gelungen ist, schwinden der Hauptfigur nach einem Unfall erstmal die Erinnerungen an den Gig. Hat er statt gefunden? Ist etwas schief gelaufen? Wohl schon, sonst wäre der Companero nicht abhanden gekommen. Und um dem noch eins drauf zu setzen, spielt er auch noch Versuchskaninchen in einer medizinischen Fallstudie mit gewissen Geldgebern, um sein Gedächtnis zu reaktivieren.
Was mir gut gefallen hat: Die ganze Geschichte wird eher unaufgeregt aus der Sicht der beiden Aktivisten erzählt, mit wem sie sich anlegen, was diese Leute wissen (und was sie unternehmen) bleibt alles wunderbar verborgen. Und der Computerkram, der in der Fiktion sehr oft sehr peinlich und sehr realitätsfern daherkommt, der sehr oft einfach nur dumm und falsch ist, funktioniert hier bestens. Es kommt wenig Computerei vor, es fallen ein paar Stichworte, es wird nicht komisch rumerklärt. Auch wichtig: Es passiert nichts dummes auf Bildschirmen, es gibt keine dummen Computergeräusche.